Marraskuu (November) für Violine, Violoncello und Klavier (1998, rev. 2004)

Verlag: Schott Music

Aufführungsdauer: 23′

UA: 19.11.1999, Balingen
Trio Présence: Ekkehard Windrich, Vl – Graham Waterhouse, Vc – Michael Wendeberg, Klav
UA (revidierte Fassung): 2.12.2008, Berlin (Trio Fibonacci)

Weitere Aufführungen:

24.11.1999, Oldenburg
25.11.2010, Bamberg
26.11.2010, München
28.11.2010, Dresden
30.11.2010, Berlin
18.6.2013, Dresden
21.6.2013, Leipzig
23.6.2013, Chemnitz

CD: elole-Trio

Werkeinführung:

Er riß die Blätter von dem Baum
Und ging, heißt es vom rauhen Herbst
(Robert Walser)

Die finnische Vokabel „Marraskuu“ bedeutet „November“; „marras“ heißt darüberhinaus so viel wie „tot, öde, abgestorben“. Marraskuu ist unter anderem eine Hommage an eine Jahreszeit, die mir außerordentlich gefällt, der Titel sollte daher nicht zu vorrangig düsteren Assoziationen fehlleiten. Das Klaviertrio wurde im November 1998 während eines Studienaufenthaltes in Helsinki abgeschlossen, im November 1999 durch das „Trio Présence“ (E. Windrich, G. Waterhouse, M. Wendeberg) uraufgeführt und im November 2004 in Paris einer eingehenden Revision unterzogen.

Marraskuu gehört zu einer Reihe von zwischen 1996 und 2000 entstandenen Kompositionen, die sich mit dem Werk Robert Walsers auseinandersetzen; hier nicht so sehr in unmittelbar textbezogener Weise, sondern mehr in einer Anlehnung an den Ton Walserscher Prosa: jenes scheinbar absichtslose, oft skurril-assoziative Fließen, dem expressive Ausbrüche nahezu fremd sind, doch unter dessen Oberfläche sich eine subtil durchdachte dramaturgische Struktur ebenso wie ein zarter, persönlicher Ausdruck verbergen.

Die Triobesetzung wird dabei streckenweise eher als eher lockere Einheit dreier zumeist recht selbständiger Instrumentalschichten begriffen, in der das enge Zusammengehen zweier oder dreier Instrumente nicht der Regelfall ist. Eine innere Beziehung zwischen den Schichten ist jedoch unter anderem dadurch gewährleistet, daß die Parts der Instrumente drei Variationen eines formalen Grundgedankens darstellen: 23 Abschnitte, deren Dauern zueinander im Verhältnis der ersten 23 Primzahlen stehen und deren Reihenfolge in jedem Instrumentalpart eine andere ist, während jedoch die Gestik der jeweiligen Abschnitte eng miteinander korrespondiert.

Darüber hinaus ergibt sich eine gemeinsame dreiteilige Großform, markiert vor allem durch diejenigen Abschnitte, in denen sich zwei oder Instrumentalschichten zu einer einheitlichen Gestaltung verbinden. Deutlichster äußerer Einschnitt ist eine längere Generalpause nach einem guten Drittel des Stückes.

„Deutlichkeit“ und „Eindeutigkeit“ des Ausdrucks und klare Entwicklungstendenzen wird man in Marraskuu zumeist vergebens suchen; umso mehr wird die Aufmerksamkeit geschärft für Details: Melodiereste, kurze Ansätze virtuoser Texturen, konduktartige Gesten.
Zudem wird der Aspekt von Freiheit und Leichtigkeit verstärkt durch einige Passagen, in denen die Spieler ihre Einsätze innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens selbst bestimmen können – so entsteht ein Gegengewicht zur ansonsten detailgenauen Präzision des Notentextes.