Informationen über Bartleby – Kurzoper in 11 Stationen (2003)

(Libretto von Benjamin Schweitzer und Norbert Lange mit Material von Herman Melville)

Besetzung: 4 Solisten (Mezzosopran, Alt oder Baßbariton, Bariton, Sprechrolle)
Ensemble: 0-1(EH)-1(Bkl)-0, 0-0-1-0, Sz (1), Akk, 0-0-1-1

Auftragswerk des Dresdner Zentrums für zeitgenössische Musik

Verlag: Schott Music

Aufführungsdauer: ca. 11′

UA: 30.9. und 1.10.2004 Dresden (Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik)
Inszenierung: Rainer Holzapfel
Bühne und Kostüme: Lisa Brzonkalla
Solisten: Begonia Zabala, Daniel Ochoa, Karl Petersen, John Cogram
ensemble courage
Leitung: Titus Engel

Neuinszenierung:

27., 28. und 29.9.2006, Berlin (HAU 1)
Inszenierung: Mareike Mikat
Musikalische Leitung: Yordan Kamdzhalow
Bühne und Kostüme: Maike Storf

Werkeinführung:

Mit der Herausforderung konfrontiert, eine Miniaturoper von weniger als einer Viertelstunde zu schreiben, wiesen alle Vorüberlegungen rasch in eine Richtung: es konnte für mich nicht Ziel sein, eine Handlung zu komprimieren oder ein Fragment zu produzieren – gefunden werden mußte eine Vorlage respektive ein Ausgangsmaterial, das bereits so kondensiert war, daß zehn Minuten dezidiert eine lange Zeit zu seiner Ausarbeitung bedeuteten. Damit sollte sich die Möglichkeit ergeben, die Ausgangssituation in zahlreichen Wiederholungen und Variationen von den verschiedensten Seiten zu beleuchten. Das Stück würde so Elemente der Offenen Form ebenso nutzen können wie zugleich ein abgeschlossener, in sich vielgestaltiger Zyklus sein.

Das gleichermaßen höfliche wie subversive und unangreifbare „I would prefer not to“, mit dem der Schreiber Bartleby in Herman Melvilles gleichnamiger Erzählung von 1853 nach und nach auf alle Bitten, Anweisungen und Befehle reagiert, bis zu seinem Tod, der mehr ein Verschwinden ist, eine letzte Konsequenz aus dem sanften Widerstand gegen das Funktionieren, wurde zu einer der bekanntesten und zugleich kryptischsten Chiffren der Literaturgeschichte. Die Handlung des Textes spielt für das Opernprojekt eine untergeordnete Rolle; Ausgangspunkt ist die Szene mit dem ersten Auftreten von „Bartlebys Formel“.

Das Libretto verfremdet, variiert und ergänzt das Bartleby-Material, ohne es jedoch lediglich als Steinbruch zu verwenden: eine stringente Dramaturgie entsteht durch das Entfernen und Wiederannähern an das Ausgangsmaterial in Form einer Schleife, einschließlich einer (abbrechenden) Wiederholung des Beginns. Sprachliche Gestaltung und kompositorische Umsetzung greifen ineinander, immer auf der Basis einer Ausgangsszene, die so präzise ist, daß sie durch viele Schichten hindurch erkennbar bleibt und zugleich so perspektivenreich, daß sie nahezu endlose Variationen erlaubt.