Und ging. Halbszenische Collage nach Texten von Robert Walser und Carl Seelig für Bariton, Sprecher, Violine, Horn und Schlagzeug (1997)

I. Zeit (Walser, aus Saite und Sehnsucht, ca. 1900)
II. 26.7.1936 (Seelig, aus Wanderungen mit Robert Walser)
III. Beschaulichkeit (Walser, ca. 1930)
IV. aus Jakob von Gunten (Walser, 1908)

V. Intermezzo I
VI. 16.5.1943 (Seelig, aus Wanderungen)
VII. Müdigkeit (Walser, aus der Gedichtsammlung von 1909)

VIII. Intermezzo II
IX. Weihnachten 1956 (Seelig, aus Wanderungen)
X. Und ging (Walser, aus der Gedichtsammlung von 1909)

Verlag: Ms.

Aufführungsdauer: ca. 20′

UA: 6.12.1997, Dresden
Andreas Jäpel, Bariton – Andreas Sparberg, Sprecher – ensemble courage, Ltg.: Benjamin Schweitzer

Weitere Aufführungen:

17.5.2002, Leipzig (Ltg.: Benjamin Schweitzer)
10.8.2008, Ligerz (Schweizer EA, Ensemble der Opernwerkstatt Ligerz, Ltg.: Titus Engel)

Werkeinführung:

Und ging, eine Art ‚Randprojekt‘, Ergebnis einer intensiven Beschäftigung mit Robert Walser und seinem Umfeld in der Vorbereitung auf meine Kammeroper Jakob von Gunten, versucht das Leben und Schaffen Walsers aus unterschiedlichen Perspektiven streiflichtartig zu beleuchten. Den Rahmen bilden drei Abschnitte aus den Wanderungen mit Robert Walser von dessen Mäzen (und Vormund) Carl Seelig, die den biographischen Aspekt hervorheben; kombiniert mit vier Gedichten Walsers, deren Auswahl die Tiefe seiner Lyrik wie auch deren Ironie und Skurrilität, das Spielen mit Sprachklischees, beispielhaft zeigen sollen. Wie ein Fremdkörper scheint zwischen diesen Texten ein kurzer Abschnitt aus dem Roman „Jakob von Gunten“ zu stehen, doch diese Selbstreflexion Jakobs, der eines der zahlreichen literarischen ‚alter egos‘ von Walser verkörpert, schlägt einen Bogen zu den von Seelig übermittelten direkten Äußerungen des Dichters. Hinzu kommen zwei Intermezzi als instrumentale Kommentare und formale Markierungen.

Die musikalische Faktur versucht, die Leichtigkeit ebenso wie die Doppelbödigkeit Walserschen Schreibens zu übernehmen: das Kreisen um scheinbar nichtige Klangereignisse, die Arbeit mit wenigen Gesten, die sich in immer variierten Formen durch den instrumentalen Part hindurchziehen, oft an der Grenze zum Abbröckeln, zum Stillstand, um dann umso überraschender aufzufahren in kurzen Ausbrüchen. Formbildend und -stabilisierend sind die in jedem der zehn Sätze unterschiedlichen Kombinationen der Instrumente mit
Sänger und Sprecher eingesetzt: die klangfarbliche Ebene hat ihre eigene Dramaturgie, deren Höhepunkt gerade im völligen Verschwinden der Musik zum Ende hin liegt, so daß, ohne musikalischen Kommentar, das titelgebende Gedicht allein das Stück beschließt.